7. Oktober 2011: Korrespondenz Prof. Weibel – LH Voves; Eröffnung Joanneumsviertel

Betreff: Eroeffnung Joanneumsviertel
Von: Peter Weibel <weibel@zkm.de>
Datum: 07.10.11 14:47
An: franz.voves@stmk.gv.at
Kopie (CC): bruno.aigner@hofburg.at, meinhard.rauchensteiner@hofburg.at,
rahbari@hollein.com

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann Mag. Franz Voves,
am 26.11.2011 werden Sie gemeinsam mit Bundespraesident Dr. Heinz Fischer
und Bundesministerin Dr. Claudia Schmied das 200-Jahr-Jubilaeum des
Universalmuseums Joanneum zelebrieren.
Die Feierlichkeiten beginnen um 11.00 Uhr in der Aula der Alten
Universitaet fuer 200 geladene Gaeste. Auf Ihren Wunsch hin, teilte mir die
GeschaÅNftsfuehrung des UMJ mit, sei dieser Ort gewaehlt worden, weil die
neu errichteten Raeumlichkeiten im Besucherzentrum des Joanneumsviertels
dafuer nicht geeignet seien. Bei dieser Feier gehe es nur um den
Gruendungsakt des Landesmuseums Joanneum, daher sei nur ein begrenzte Zahl
von Personen einzuladen, darunter die Abteilungsleiter des UMJ.
Anschließend kommt es um 14.00 Uhr im Joanneumsviertel zur
Schluesseluebergabe durch Landesrat Dr. Buchmann an die GeschaÅNftsfuehrung
des UMJ. Bei diesem Akt koennen 100 weitere Personen zusaetzlich zu den in
die Aula der Alten Universitaet geladenen Gaesten teilnehmen. Dadurch
erscheint das Argument, das neu gebaute Joanneumsviertel sei fuer die
Eroeffnung ungeeignet, in einem merkwuerdigen Licht. Nach der
Schluesseluebergabe ist eine Fuehrung durch die Geschaeftsfuehrung des UMJ
gemeinsam mit mir durch die drei Ausstellungen, die ich mit Frau Dr.
Steinle, Frau Dr.Danzer, Frau Mag. Orgel und Herrn Mag.Holler-Schuster
kuratiert habe, geplant:
Erstens eine Retrospektive des weltberuehmten Architekten, Kuenstlers und
Designers Hans Hollein, Pritzker-Preistraeger-(der weltweit renommierteste
Preis fuer Architektur),Staatspreistraeger und Praesident des Kunstsenates,
Gesamtkurator der Architektur-Biennale von Venedig,
viele Jahre Kommissaer des oesterreichischen Pavillons in Venedig.
Zweitens wird das von Frau Dr. Steinle und mir initiierte Museum, das
Museum fuer Guenter Brus, Staatspreistraeger und in bedeutenden Museen der
Welt vertreten, (beispielsweise Centre Pompidou in Paris und Museum of
Modern Art in New York), eroeffnet.Drittens wird aus den Bestaenden der
Sammlung der Neuen Galerie eine programmatische Schau mit dem Titel
“Moderne – Selbstmord der Kunst?” praesentiert. Es werden daher nicht nur
die Kuenstler der Retrospektiven, Hollein und Brus und deren Kollegen- und
Freundeskreis, erwartet, sondern auch viele Kuenstler und Kuenstlerinnen, die
in der Sammlung vertreten sind.
Es ist Ihrem Buero vielleicht entgangen, dass bei dem geplanten Ablauf der
Eroeffnung des Joanneumsviertels keine Eroeffnung der drei Ausstellungen
vorgesehen ist. Es wird so getan, wie Sie dem beiliegenden Protokoll der
Projektkoordinatorin Nadine Mueller entnehmen koennen, als ginge es nur um
die offizielle Schluesseluebergabe der LIG an die Geschaeftsfuehrung des UMJ.
Befremdet und erstaunt, dass die Moeglichkeit zu einer glanzvollen Eroeffnung
von Ausstellungen bedeutender internationaler Kuenstlerpersoenlichkeiten aus
Oesterreich nicht erwuenscht ist, hatte ich am Samstag, den 1. Oktober um
10.00 Uhr, ein Gespraech mit den beiden Geschaeftsfuehrern des UMJ im Grazer
Kunsthaus, in dem mir allerdings dieser Sachverhalt bestaetigt wurde.
Deswegen erlaube ich mir, mich an Sie zu wenden, weil ich mir nicht
vorstellen kann, dass in einem demokratischen Land wie Oesterreich die
Eroeffnung von drei bedeutenden Ausstellungen unterdrueckt wird und die
anwesenden Kuenstler und der anwesende Hauptkurator nicht sprechen
duerfen. Ich habe als oesterreichischer Kommissaer der Biennale von Venedig
in den 1990er Jahren unter jedem Bundeskanzler und Bundesminister sprechen
Eroeffnung Joanneumsviertel duerfen, ebenso die anwesenden Kuenstlerinnen
und Kuenstler. Ich habe am 22. September 2011 eine der bedeutendsten Biennalen
der Welt, naemlich die Biennale von Moskau, als kuenstlerischer Direktor eroeffnet
und selbstverstaendlich dabei die Gelegenheit gehabt, zur Ausstellung zu
sprechen. Es waere ein Novum in meiner gesamten beruflichen Laufbahn,
dass sowohl die anwesenden Kuenstler wie auch ich als Hauptkurator der
drei Ausstellungen in Graz nicht sprechen duerfen.
Um 16.00 Uhr wird das Joanneumsviertels fuer das Publikum mittels
Zaehlkarten frei zugaenglich sein. Auch hier wird so getan, als ginge es nur
um die Eroeffnung eines Gebaeudes, wie seinerzeit bei der Eroeffnung des
Kunsthauses, aber in diesem Gebaeude gibt es, wie schon gesagt, drei große
Ausstellungen. Auch hier heißt es “… muessen die KuratorInnen nicht mehr
persoenlich anwesend sein.” Dafuer duerfen diese auf Videos Statements
abgeben, wie Sie angefuegtem Protokoll entnehmen koennen.
Es ist unschwer dem Protokoll zu entnehmen, dass die persoenliche
Anwesenheit der Kuenstler und KuratorInnen bei der Eroeffnung des
Joanneumsviertels nicht erwuenscht ist. Auf alle Faelle duerfen sie nicht
sprechen. Ist das eine Vorgehensweise, die mit unseren Vorstellungen von
Demokratie vereinbar ist?
Sollte es bei der geschilderten Planung bleiben, darf ich um Verstaendnis
bitten, wenn ich den Eroeffnungsfeierlichkeiten fernbleibe.
Mit dem Ausdruck vorzueglicher Hochachtung
Ihr
Peter Weibel

 

Betreff: Antwortschreiben Buero LH Mag. Voves auf Ihr Schreiben “Eroeffnung
Joanneumsviertel” vom 10.10.2011
Von: Metzenrath Theresia <theresia.metzenrath@stmk.gv.at>
Datum: 17.10.11 16:31
An: “weibel@zkm.de” <weibel@zkm.de>

Sehr geehrter Herr Professor Weibel!
Ich habe Ihr an Herrn Landeshauptmann Mag. Franz Voves gerichtetes
Schreiben betreffend den geplanten Festakt des Landes Steiermark
anlaesslich des 200- Jahr- Jubilaeums des Universalmuseums Joanneum dankend
erhalten und gerne zur weiteren Bearbeitung entgegen genommen.
Auftragsgemaeß darf ich Ihnen mitteilen, dass der seitens der
Geschaeftsfuehrung und Intendanz des Universalmuseums mit Herrn
Landeshauptmann Mag. Franz Voves akkordierte Anlass ausschließlich den um
11 Uhr in der Aula der Alten Universitaet stattfindenden Landesfestakt und
den anschließenden Empfang umfasst.
Die danach um 14 Uhr beginnenden Festlichkeiten mit der Schluesseluebergabe
der LIG an die Geschaeftsfuehrung des UMJ und die daran anschließende
Eroeffnung der Ausstellungen wurde nur durch die Geschaeftsfuehrung des UMJ
geplant sowie verantwortet und allenfalls mit dem zustaendigen
Kulturlandesrat Dr. Christian Buchmann akkordiert. Es handelt sich dabei
um Festlichkeiten und Aktivitaeten des UMJ im eigenen Wirkungsbereich, die
nicht mehr gemeinsam mit der Herrn Landeshauptmann Mag. Franz Voves
unterstehenden zustaendigen Dienststelle geplant wurden.
Ich darf mein Bedauern ueber die anlaesslich der Ausstellungseroeffnungen
entstandenen Unstimmigkeiten ausdruecken und hoffe, dass sich mit der
Geschaeftsfuehrung des UMJ eine fuer alle annehmbare Loesung erreichen laesst.
Aus Sicht von Landeshauptmann Mag. Franz Voves waere Ihre Abwesenheit am
26.11.2011 anlaesslich des Festaktes und der Ausstellungseroeffnungen sehr
bedauerlich!
Mit vorzueglicher Hochachtung
Theresia Metzenrath
Mag.a Theresia Metzenrath, LL.M.
Buero Landeshauptmann Mag. Franz Voves
a: Hofgasse 15, 8010 Graz-Burg, Austria

 

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6. Juni 2011: Gastkommentar von Peter Weibel im Nachrichtenmagazin Profil (ungekürzt)


Der Kunstbetrieb als FPÖ-Verein

Peter Weibel

Wer die Berichterstattung um die Vorgänge im Joanneum Graz, MAK und Kunsthalle Wien liest, findet immer wieder die gleichen Worte vor: nicht rechtskonform, willkürlich, kritische Geister ausschalten, Kaste, autokratisch agierende Führungskräfte, öffentliche Institutionen als Privateigentum , wie Fürstentümer regiert,etc.  Man hat den Eindruck, Berichte über  die Niederungen der Parteienpolitik zu lesen. Offensichtlich hat sich der Kunstbetrieb im Sinne von Speculum artis entschlossen, Mimesis der Real-Politik zu sein, insbesondere der Welt der FPÖ.

Parteipolitiker und Museumsdirektoren haben die gleichen Ideen und Interessen. Der FPÖ-Politiker Uwe Scheuch verspricht Oligarchen die österreichische Staatsbürgerschaft gegen eine Parteispende . Gerald Matt  verspricht die österreichische Staatsbürgerschaft für ein Sponsoring der Kunsthalle Wien. Als österreichische Staatsbürger haben wir uns daran gewöhnt zu erleben, wie der verstorbene LH Dr. Jörg Haider im Ortstafelstreit die österreichische Verfassung verhöhnte. Er machte partout nicht, was das Gesetz vorschreibt, und über die Erlässe des Verfassungsgerichtshofes machte er sich lustig. Von der Politik und den Medien wurde das grosso modo toleriert. So lernten die ÖstereicherInnen, als Politiker kann man jederzeit die Gesetze umgehen bzw. brechen, ohne dafür geahndet zu werden. Von Strasser bis Grasser gehört also Korruption zum guten politischen Ton. Im Land der Unschuldsvermutung ist alles erlaubt.  Gegen Korruptionsermittler wird daher selbst ermittelt. Die Botschafter finanziellen Fehlverhaltens werden versetzt, abgesetzt oder strafverfolgt, nicht allerdings die Minister selbst. Die Parteien hebeln selbst den Rechtsstaat aus. Sie sind in der Hauptsache damit beschäftigt, in Untersuchungsausschüssen wechselseitig ihre Korruptionsvorwürfe nieder zu schlagen. Kontrollorgane und Aufsichtsgremien sollen offensichtlich zudecken und nicht aufdecken, siehe den Skandal Skylink am Flughafen Wien.  Öffentliche Ausschreibungen sind in Staatsbetrieben, von der Wirtschaft bis zur Kultur, ein einziger Fake. Dabei  bietet die Demokratie nicht nur die Chance, Fachgremien und Jurys beizuziehen, sondern sie gebietet sie auch. Doch in Österreich weiß jeder Kundige schon Wochen vor der öffentlichen Besetzung und Monate vor der Ausschreibung, die nicht oder nur scheinhalber stattfindet, wer den Posten bekommt.  In solch einem System hat der die meisten Chancen, der sich nicht bewirbt. So kann ihn die autokratische Ministerin direkt berufen. Als der damalige Direktor des MUMOK in Wien, Dr. Lorand Hegyi, mir überzeugt versicherte, seine Verlängerung  stehe unmittelbar bevor, wusste ich schon  weit vor der Ausschreibung, wer sein Nachfolger wird, nämlich Edelbert Köb, zufälligerweise aus demselben Bundesland wie die damalige Ministerin Gehrer. Wenn der Rechnungshof eine Ausschreibung aufgrund der Gesetzeslage als dringlich einfordert, geht die Politik darüber hinweg wie Jörg Haider und verlängert die Verträge illegal (wie im Joanneum Graz). Wenn per legem  eine Weisungsunabhängigkeit besteht und dies den von der Politik gestützten Machthabern nicht genehm ist, wird das Gesetz geändert oder es gibt einen neuen Regierungsbeschluss (Institut für Kunst im öffentlichen Raum).  Der Kulturbetrieb hebelt ständig den Rechtsstaat aus wie die Parteien. MitarbeiterInnen, die Fehlverhalten der Führung nicht mittragen können und im Interesse der Öffentlichkeit melden wollen, finden daher keine Adressaten, an die sie sich wenden können. Betriebsrat, Personalrat, Kuratorium, Aufsichtsrat, Kulturabteilung  schließen Augen und Ohren und verweisen auf den Dienstweg. Die Beschwerden landen also bei den Urhebern der Beschwerden. In derart geschlossenen Systemen des Kulturbetriebs wird die Information-  und Kritikausschaltung ebenso geübt wie in den Parteien die Bürgerausschaltung.  Wenn überhaupt, hören  die Kontrollgremien sich nur die Version der Führung an, die sich mit Halbwahrheiten, Verleumdungen und Lügen durchschwindelt.  Die Kritiker und Angeklagten werden nicht gehört.  Sie werden daher zu Opfern: Die Aufdecker werden schuldig gesprochen und im Einvernehmen mit Aufsichtsgremien und Politik gekündigt oder ziehen es vor, selbst zu kündigen, (siehe Thomas Mießgang , Kunsthalle Wien und Werner Fenz, Institut für Kunst im öffentlichen Raum, Graz). Unabhängige Prüfberichte? Kontrollorgane, die nur aus Parteisoldaten und Freunden bestehen?  Die Komplizenschaft der Proporzpolitik, der Nährboden für Gesetzesbrüche und Korruption, spiegelt sich im Kunstbetrieb und zum Teil auch in der sogenannten Medienpartnerschaft. Wie von Haiders  FPÖ (bzw. BZÖ) gefordert und in zahlreichen Prozessen exekutiert, sollen Kritiker zum Schweigen gebracht werden. Parlamentarier wie Wolfgang Zinggl, die ihre gesetzlichen Kontrollaufgaben wahrnehmen, werden gerügt, kritisiert und sogar aufgefordert zu schweigen. In Wirklichkeit sollten die Politiker gerügt werden, die ihre Kontrollaufgaben nicht wahrnehmen. Doch die Mehrheit im österreichischen Kunstbetrieb ist offensichtlich der Meinung, die Kulturpolitik ist die beste, die zu den Verfehlungen im Kunstbetrieb schweigt und sich zum Komplizen der Missstände macht.  Natürlich, weil viele von den Mißständen profitieren, wie in Burlesconis (!) Italien.

Was sind diese Missstände?  Juristisch gesprochen:  Die Aufklärung ist in den meisten österreichischen Museen noch nicht angekommen. Es herrscht dort monolithisch ungeteilte Gewalt. DirektorInnen verwirklichen ihre Geltungsansprüche außerhalb der westlichen Rechtstradition. Recht ist dort reine Privatsache, höchstens eine Angelegenheit von Zweckmäßigkeit (Sparprogramme) oder totaler  Willkür. Es herrscht eine Mischung aus Feudalrecht und Gutsrecht. So ist es zu verstehen, warum das Kunsthaus Graz im steirischen herbst 2006 „Gutshaus Kranz“ (!) geheißen hat.  Das Gutsrecht regelt die Beziehungen zwischen Gutsherr und Bauern, Herrschern und Beherrschten, Arbeitgebern und Arbeitnehmern.  Zwischen diesen gibt es keine eigentliche Rechtsbeziehungen, sondern nur Lehensbeziehungen. In Lehensbeziehungen gibt es Leibeigene. Sogar diese Leibeigenen hätten seit der Magna Charta von 1215 Rechte. Sie dürfen nicht „geächtet, verbannt oder auf irgendeine Art zugrunde gerichtet werden.….und niemand darf Gerechtigkeit verweigert oder verzögert werden“. Von solchen Bedingungen kann ein Museumsarbeiter heute nur träumen. Was die Goldene Bulle von 1222 verspricht, nämlich, dass, wenn die Gutsherren „den Bestimmungen zuwider handeln sollten“ , die Leibeigenen „das uneingeschränkte ewige Recht haben sollen sich in Wort und Tat zu widersetzen“, ist heute faktisch unvorstellbar. Wer dem Gutsherrn widerspricht oder sich widersetzt, wird gekündigt.  Totale Willkür: Wann immer es einem Museumsdirektor gefällt, wird wer auch immer gekündigt. Er braucht nur  zu räuspern, er habe kein Vertrauen. Die Museumsdirektoren agieren als Lehensherren mit einem Feudalrecht. Das Feudalrecht regelt die Beziehungen zwischen Feudalherr und Vasall. Der Vasall bekommt ein Lehen (also eine Position), wenn er gegenüber seinem Herrn einen Treueeid (fidelitas, Zuverlässigkeit) ablegt. Säkularisiert heißt dieser einst religiöse Treueeid heute Vertrauen. Daher ist es möglich, dass ein österreichischer Museumsdirektor eine MitarbeiterIn kündigt bzw. versetzt, mit dem bloßen Verweis, er habe kein Vertrauen, wie im Joanneum mehrmals geschehen. Im vormodernen Rechtssystem, in dem österreichische Museen operieren, sind Angestellte also Vasallen, deren Huldigung an den Herren durch die Gewährung eines Lehens (Position) bedankt wird. Diffidatio (Kündigung der Treue), profan Vertrauensbruch, ist die feudalrechtliche Grundlage für die Jahrzehntewährende Praxis in österreichischen Museen, die kritischen KuratorInnen und LeiterInnen zu kündigen, wenn diese mehr Kompetenz aufwiesen als ihre Herren. Allerdings ist das Rechtssystem Museum in Österreich noch rückschrittlicher als das Feudalrecht. Der Vasall hatte nämlich schon im 13. Jhdt. das Recht mit einer Klage gegen seine Feudalherren sich an ein höheres Feudalgericht zu wenden, bei Fehlurteilen bzw. Fehlentscheidungen des Grafen(also bei Kompetenzproblemen), wenn ihm Gerechtigkeit verweigert wurde, und wenn unmittelbares  Privatinteresse des Feudalherrn vorlag.  Heute allerdings ist das Problem, dass dieses höhere Feudalgericht  aus dem Grafen selbst und seinen Freunden besteht und somit  der Feudalherr zugleich Partei und Richter ist. Er kann also seine Privatinteressen in öffentlichen Institutionen jederzeit durchsetzen.

Deswegen hat ein österreichischer Museumsdirektor unbeschränkte Machtbefugnis, uneingeschränkte Jurisdiktion, von niemand kontrolliert, von Aufsichtsräten und Gremien stabilisiert.  Denn Systemstabilisation und Machtreproduktion ist das logische Ziel aller Mitglieder des Systems. Die dadurch entstehende Rechtsproblematik kann am besten durch das Beispiel des Papstes verdeutlicht werden. Ein Papst darf und soll abgesetzt werden, wenn er das Recht bricht. Aber es gibt niemandem über dem Papst (außer Gott, der nicht spricht), der die Legitimität hat, einen Rechtsbruch festzustellen, und der die Macht hat,  ihn abzusetzen. Gegen den Papst können keine Verfügungen gelten. Vergleichbar sollten Politiker durch das von ihnen selbst gesetzte Recht  gebunden sein, d.h. unter dem Recht regieren. Wenn die Politik aber sich nicht an das Recht halten will, das sie selbst geschaffen hat, kann sie entweder das Recht brechen oder das Recht ändern. Doch wer bestraft Politiker, die das Recht brechen? Wer definiert den Rechtsbruch eines Politikers? Wiederum Politiker. Daher kommen Politiker kaum in die Reichweite des Rechtsapparates. Wie wird das Recht rechtmäßig geändert? Wer steht über den Politikern und sagt ihnen, was rechtens ist? Wieder Politiker oder von Politikern Beeinflusste.  Die Politiker sind also Profiteure eines Rechtsparadoxons wie der Papst und haben daher Verständnis für Museumsdirektoren, die wie Päpste agieren.“ Die reine Machtbefugnis“  ist heute allerdings etwas gemildert. Wir sind dankbar, dass es in Österreichs Museen die Körperstrafe, die Macht des Schwertes,  nicht mehr gibt, nur mehr die Existenzzerstörung. Ein Museumsdirektor kann heute nur mehr die seelische, berufliche  und soziale Existenz seiner MitarbeiterInnen vernichten, nur mehr die Gesundheit und das Selbstwertgefühl angreifen und sie „wie Müll behandeln“ (Elfriede Jelinek)..

Im Museumskomplex gibt es keine Rechtssubjekte und niemand handelt in Bezug auf das Recht. Alles Recht geht vom Direktor aus, dem Souverän – eine autokratische Interpretation der Demokratie, in der das Volk der Souverän sei. Im Namen der Kunst wird Recht ausgehebelt. Statt sozialer Gerechtigkeit gibt es nur öffentlich geäußerten Zynismus und Diffamierung.

Gemeinwohl bedeutet heute die Interessen derer, die an der Macht sind. Die Ausgliederung der Museen hat der Verwandlung von Gemeinwohl in Privatwohl Vorschub geleistet. Die Imitation neoliberaler Modelle mit Zielvereinbarungen, Zeitprotokollen, etc.  hat nur scheinbar ökonomische Werte bedient, aber in Wahrheit die Machtakkumulation der Direktion auf Kosten der Kompetenz gestärkt. Das Ergebnis im Prinzip: ein immer größer werdendes Budget, immer mehr MitarbeiterInnen, geringere Öffnungszeiten, immer mehr Schließtage und immer weniger Ausstellungen, die immer länger dauern. Diese Museums GmbH.s sind im Grunde verrottete Staatsbetriebe, gezeichnet von illegalen Verlängerungen der Herrscher und illegalen Degradierungen der Beherrschten. Wissenschaftliche Leistungen werden nicht mehr gewünscht, museale Standards  desertiert. Nicht Leistung und Kompetenz werden belohnt, sondern fidelitas.

Barbarei herrscht dort, wo Macht über Recht herrscht. Dies ist genau die Klage der chinesischen Intellektuellen. Herrschen chinesische Verhältnisse im österreichischen Kunstbetrieb? Dürfen im österreichischen Kunstbetrieb Regeln gelten, die den staatlichen Gesetzen widersprechen? Leben wir nicht mehr in einem Rechtsstaat?  Erleben wir eine Demontage der Demokratie und einen  beispiellosen Bankrott der Zivilgesellschaft im Kunstbetrieb? Werden nur mehr 90-jährige Franzosen und SchauspielerInnen des Burgtheaters sich empören?

Der österreichische UN-Sonderberichterstatter Manfred Novak hat in der Zeit vom 19.5.2011 gesagt: „Die regierenden Parteien haben das Augenmaß verloren, wie man Menschen behandeln kann“. Die jahrzehntelangen schwelenden Konflikte und die zahlreichen erzwungenen oder freiwilligen Kündigungen von kompetenten KuratorInnen in österreichischen Museen, die erst jetzt zum ersten Mal in den Medien (danke!) öffentlich werden, belegen, dass, was Ai Wei Wei über China sagte, auch für Österreich gilt: „In diesem Land gibt es zu wenig verantwortungsbewusste Menschen“. Es darf sich daher demnächst niemand wundern, wenn die Vorgänge im Kunstbetrieb nur ein Vorschein dessen sind, was kommt:  Orbans Bonapartismus in Österreich. Viktor Orban, Ungarns Ministerpräsident, ist Chef der Partei Fidesz!  Wer die Demokratie in Stich lässt und verrät, bereitet den Boden für Strache und Co. Auch für den Kunstbetrieb gilt: Wer das Recht bricht, bricht das Vertrauen in die Demokratie und erzwingt den Ruf nach der starken, ordnenden Hand.

Link zum Profil-Artikel: http://www.profil.at/articles/1123/560/298776/fpoe-gastkommentar-peter-weibel-der-kunstbetrieb-fpoe-verein

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21. April 2011: Mail Dr. Muchitsch an Prof. Weibel zu den Vertragsverhandlungen / Änderungen

Betreff:     Vertragsverhandlungen
Datum:     Thu, 21 Apr 2011 09:03:53 +0200
Von:    Muchitsch Wolfgang
An:     Weibel Peter
CC:     Pakesch Peter, Trinkl Rainer

Lieber Herr Prof. Weibel,

nachdem sich die Vertragsausfertigung wegen unterschiedlicher Ansichten Ihres Anwaltes Dr. Lindner nunmehr hinziehen, darf ich aus meiner Sicht die Eckpunkte nochmals festhalten:

Hollein: Kuratierung
Sammlungsaufstellung: konzeptionelle Beratung der Kuratorin Dr. Steinle
Bruseum: Beratung der Kuratorin Mag. Orgel

Frau Dr. Steinle wird Sie als projektbezogene Stabstelle für die Eröffnungsausstellungen in Ihrer Tätigkeit unterstützen. Frau Dr. Steinle selbst ist zudem Kuratorin der Sammlungsaufstellung sowie Verfasserin einer Publikationstextes für Brus. Für Thöny sollte sie ihre wissenschaftlichen Recherchen fortsetzen.

Nachdem ich selbst jetzt bis 9. Mai im Ausland bin, ersuche ich Sie wenn notwendig mit Peter Pakesch 0664/80179217 Kontakt aufzunehmen. Um einen von uns allen angestrebte erfolgreiche Realisierung der Projekte zu gewährleisten, ersuche ich Sie von Ihrer Seite positiv auf den notwendigen Vertragsabschluss einzuwirken.

Mit den besten Wünschen Wolfgang Muchitsch

Hofrat Dr. Wolfgang Muchitsch Direktor

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13. Mai 2011: Schreiben von Prof. Weibel an die politischen Abgeordneten des Landes und der Stadt (Langtext)

Die Chronologie des Konfliktes: »Die Strategie hat System«

1. Der neue Standort
2. BRUSEUM – ein Museum für Günter Brus
3. Sammlungsausstellung »Moderne: Selbstmord der Kunst?«
4. Personale Hans Hollein
5. Zusammenfassung

Sehr geehrter Herr, sehr geehrte Frau

Es ist leicht, nichts zu wissen. Es ist leichter, nichts wissen zu wollen.

»Die Strategie hat System«, schreibt Naomi Klein in ihrem Bestseller »Die Schock-Strategie« (2007) über eine Methode, die Krisen benützt oder erzeugt, um »Schock-Attacken auf unbequeme soziale Gruppen und demokratische Institutionen … mit offen autoritären Maßnahmen« durchzuführen. Im Zuge von Sparauflagen wurden Ende April Abteilungen des UMJ zusammengelegt und dies als Vorwand benützt, um ein halbes Dutzend von Leiterinnen, die keine »willfährigen Vollstrecker« (Daniel Goldhagen, 1996) der Intendantenwünsche waren, von ihren Posten abzusetzen. Innerhalb eines Tages erfolgten die Mitteilungen an die betroffenen Personen und die öffentliche Verkündigung, desgleichen die nachträgliche Information der zuständigen Gremien (Kuratorium und Aufsichtsrat des UMJ), die vor vollendete Tatsachen gestellt wurden und nurmehr zustimmen konnten und wollten. Besonderes mediales Aufsehen erregte dabei die Absetzung des Leiters des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum, Dr. Werner Fenz, und der Leiterin der Neuen Galerie, Dr. Christa Steinle, und mir, Chefkurator der NG, nachdem ich gegen die Absetzung von Frau Dr. Steinle protestiert hatte.

Aufgrund der öffentlichen Debatte kam es am 4.4.2011 zu einer Sitzung zwischen der Geschäftsführung des UMJ, LR Dr. Buchmann und mir, in der vereinbart wurde, dass ich als Kurator die drei Eröffnungsausstellungen der Neuen Galerie im neuen Standort Joanneumsviertel machen werde, wenn mit Frau Dr. Steinle eine Einigung gefunden wird. Dies wurde am Ende der Sitzung der anwesenden Presse und dem Fernsehen mitgeteilt. Am Mittwoch, den 6.4.2011, fand ein Treffen zwischen der GF des UMJ, Dr. Christa Steinle, RA Dr. Lindner und mir statt, bei dem die getroffenen Vereinbarungen bestätigt und im Detail ausgehandelt wurden. RA Dr. Lindner verfasste ein Protokoll, dessen Eckpunkte am Ende vorgelesen wurden, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen. Die Vereinbarung besagte, dass für Frau Dr. Steinle eine Stabsstelle geschaffen wird und sie alle drei Eröffnungsausstellungen mit mir als Kurator und Herausgeber der Kataloge mit dem Team der Neuen Galerie leitet. Ebenso wurde vereinbart, dass Frau Dr. Steinle im Jahre 2012 eine Personale von Wilhelm Thöny kuratieren wird. Daraufhin wurde eine Presseaussendung verfasst, in der mitgeteilt wurde, dass die GF, Frau Dr. Steinle und ich einen tragfähigen Kompromiss gefunden hätten. Als Zeichen meines ehrlichen Bemühens um eine harmonische künftige Zusammenarbeit war ich auf Wunsch von Intendant Pakesch sogar bereit, mich in der Presseaussendung der GF vom 6.4.2011 für meine Wortmeldungen in der Presse zu entschuldigen.

Doch einige Tage später war alles anders. Entgegen den öffentlich verlauteten Vereinbarungen ist die GF einseitig von den getroffenen Regelungen, die der Politik und der Presse kommuniziert wurden, abgegangen und hat andere, einschränkende und negierende Vorstellungen vorgeschrieben (Beilage 1). Frau Dr. Steinle und ich, die Politik und die Presse wurden durch die Presseaussendung der GF am 6.4.2011 getäuscht.

RA Dr. Guido Lindner hat Ihnen am 22.04.2011 einen Bericht über den Stand der Verhandlungen mit der GF des Joanneums zukommen lassen, aus dem Sie erkennen können, dass die Vereinbarungen zwischen mir und der GF, die im Büro von LR Dr. Christian Buchmann am 4.4.2011 getroffen und anschließend der Presse verkündet wurden, und die am Mittwoch 6.4.2011 in Anwesenheit von Dr. Christa Steinle, RA Dr. Lindner und zwei weiteren Mitarbeitern des Joannneums nochmals im Detail festgelegt wurden, nachträglich und einseitig von der GF verändert wurden. Den TV-Berichten und den Zeitungen ist eindeutig zu entnehmen, dass die Botschaft der Pressekonferenz am Montag den 4.4.2011 sowie der Presseaussendung am Mittwoch den 6.4.2011 unmissverständlich war, dass nämlich Dr. Christa Steinle und ich die drei Eröffnungsausstellungen für die Neue Galerie im Joanneumsviertel realisieren werden {Kleine Zeitung online 6.4.2011). Auch das Kuratorium des UMJ wünschte sich eine einvernehmliche Lösung, damit die drei Eröffnungsausstellungen sichergestellt sind (Aussendung 6.4.2011). Ab 1. Mai 2011 hätte Frau Dr. Steinle ihre Tätigkeit beginnen sollen.

Die GF hat also den Kompromissvorschlag vom 6.4.2011 aufgehoben und blockiert damit die Realisierung der drei Eröffnungsausstellungen. Warum die neuen Vorschläge (siehe Beilage 1) aus rein sachlichen Gründen nicht akzeptabel sind, möchte ich Ihnen darstellen.

1. Der neue Standort

In vielen Publikationen und Ankündigungen sowohl des Joanneums wie der Steiermark- Werbung zum 200-Jahre Jubiläum des Joanneums wird betont, die Eröffnung des Joanneumsviertel am 26.11. 2011 mit der Landesbibliothek und der Neuen Galerie an neuen Standorten wird der Höhepunkt des Jubiläumsjahres sein. Als zweiter Höhepunkt wird der „glanzvolle Neustart” der kulturhistorischen Sammlungen im neuen Standort Palais Herberstein in der Sackstraße präsentiert. Wie kam es zu diesen neuen Standorten?

Die Übersiedelung der kulturhistorischen Sammlungen, ehemaliger Standort Neutorgasse, ins Palais Herberstein, und die Übersiedelung der Neuen Galerie, ehemaliger Standort Palais Herberstein, in die Neutorgasse war eine Idee von Dr. Steinle und mir. Heute überschlägt sich die GF in Programmheften vor Begeisterung, wie die kulturhistorische Sammlung „im prachtvollen Palais Herberstein” und in den „kostbar ausgestatteten barocken Prunkräumen” als „Schatzkammer der Steiermark” zur Geltung kommt. Aber damals, als Frau Dr. Steinle und ich den Vorschlag des Standorttausches machten, wurde dieser von den GF Dr. Muchitsch und Intendant Pakesch erbittert bekämpft. Kulturlandesrat Dr. Flecker konnte allerdings von den vielen Sachargumenten überzeugt werden und hat den Standortwechsel gegen den Willen der GF durch- bzw. umgesetzt. Wie Sie hier bereits erkennen, ging es von Seiten der Neuen Galerie nie um persönliche Differenzen, sondern nur um sachliche Kompetenzen zum Wohle des Joanneums und der Steiermark. Wenn es nun in der Broschüre „Erlebnisreich Steiermark” (Ausgabe 2011) heißt: „Zum 200-Jahre Jubiläum des Universalmuseums Joanneum schlägt die Steiermark ein neues Kapitel in ihrer gehaltvollen Kulturgeschichte auf: Im Mai wird das Museum im Palais und im November das neue Joanneumsviertel eröffnet.”, so zeigt sich, dass unsere Idee des Standortwechsels richtig war. Warum werden die Urheber dieser vielversprechenden und als neues Kapitel gelobten Idee bestraft anstatt belohnt? Warum werden wir ein halbes Jahr vor der Eröffnung gekündigt? Warum dürfen die Urheber ihre Idee nicht ausführen? Und warum will die GF dies verhindern?

Der Hauptgedanke des Standorttausches war der folgende:

Wenn ca. 40 Mio EUR in einen Bau und Umbau gesteckt werden, erwartet sich die steirische Bevölkerung zu Recht ein attraktives Programm, das diesen aufwendigen Bau rechtfertigt. Die Landesbibliothek hat andere Aufgaben als ein Museum. Sie muss nicht breite Publikumsschichten anziehen. Die kulturhistorische Sammlung hat die letzten Jahre fast keine Ausstellungen durchgeführt, sodass das Gebäude über viele Jahre leer stand und an Bedeutung verlor. Frau Dr. Steinle und ich konnten Herrn Kulturlandesrat Dr. Flecker Beweise vorlegen (Schiele-Ausstellung der Neuen Galerie in der Neutorgasse mit 80.000 Besuchern in wenigen Wochen, „Phantom der Lust”-Ausstellung der NG im Kulturhauptstadtjahr 2003 mit weltweiter Resonanz), dass nur die NG aufgrund ihrer Kompetenz und ihrer Erfolge sowie langjähriger Erfahrung eine Garantie bieten kann, dass im Joanneumsviertel mit publikumsattraktiven Ausstellungen und Sammlungspräsentationen ein lebendiges Zentrum entstehen kann. Herrn LR Dr. Flecker hatte das Konzept überzeugt und hat es gegen den Widerstand der GF durchgesetzt. Die Entscheidung war offensichtlich richtig, wie es jetzt der Sinneswandel der GF zeigt, die nun selbst die neuen Standorte über alle Maßen preist. Aber offensichtlich kann es die GF nicht verwinden, dass der Standorttausch ein Vorschlag von Frau Dr. Steinle und mir war. Deshalb versuchen sie uns unsere Leistungen wegzunehmen, indem sie mich vor der Eröffnung kündigen und Frau Dr. Steinle absetzen, obwohl wir die Eröffnungsausstellungen konzipiert haben.

Nachdem seit 2003 mit Beginn der neuen Geschäftsführung des LMJ die Autonomie der Neuen Galerie Schritt für Schritt abgebaut wurde, war der zweite Gedanke des Standorttausches die Hoffnung, dass die Neue Galerie vom neuen Standort profitiert. Das renovierte Landesmuseum in der Neutorgasse ist ja das Hauptgebäude des UMJ, in das personell, infrastrukturell und finanziell investiert werden muss, weil es ja eine große Anziehung für Besucher ausüben muss. Man kann die NG in der Sackstrasse, in der sie buchstäblich logiert, vielleicht unbemerkt in eine Sackgasse verschieben, aber im Hauptgebäude muss die NG unterstützt werden, damit das Joanneumsviertel lebt. Darum hielt ich bei der Abschiedsfeier, als die NG ihr Stammhaus in der Sackstrasse verließ, in Anwesenheit derGF eine Rede mit dem Titel »Aufstieg und Fall der Neuen Galerie? «. Es war mir nämlich wohl bewusst, dass der Auszug der NG aus der Sackstrasse deren Niedergang sein könnte. Aber ich hoffte, die GF wünschte sich genauso wie ich einen Erfolg des Joanneumsviertels und der Erfolg der Neuen Galerie wäre der Erfolg des Joanneumsviertels und somit würde die GF in der Logik des Erfolges den Erfolg der Neuen Galerie unterstützen. Ich konnte nicht annehmen, dass der GF der Erfolg der Neuen Galerie und des Joanneums weniger wichtig ist als ihr persönlicher Erfolg. Wer konnte annehmen, dass ein florierendes Haus wie die Neue Galerie und ihr erfolgreiches Team zerstört und aufgelöst werden, nur um einen persönlichen Triumph zu haben. Ich glaubte, der Triumph des Joanneums würde über allem stehen und dass daher ein leistungsstarkes und erfolgreiches Team nicht entlassen wird. Selbst Mitglieder des Kuratoriums, die sich aus verschiedenen Gründen nicht öffentlich äußern wollen, haben mir privat mitgeteilt, dass sie ganz klar sehen, dass Intendant Pakesch einen privaten Rachefeldzug führt. Nun habe er sein persönliches Ziel erreicht, er hat die historische Neue Galerie, die heuer ihr 70-jähriges Bestehen zu feiern hätte, zerstört und durch die Zusammenlegung mit dem Kunsthaus die Neue Galerie unter seinen totalen Machtbereich gestellt.

Sie sehen hier die Problemlage: Dr. Steinle und ich denken stets und nur sachkompetent zum Wohle der Steiermark, seiner Kunstszene und seiner Bevölkerung. Unser Ziel war immer, der steirischen Kunstszene und ihren Freunden am besten zu dienen. Wir haben daher nicht nur Graz und die Steiermark mit international beachteten Ausstellungen positioniert, die zum Teil in die Kunstgeschichte eingegangen sind (wie Kontextkunst 1993), sondern wir haben auch mit einer spezifischen Ausstellungs- und Katalogreihe steirische Künstler von Brandl bis Wurm zu internationaler Geltung verholfen. Wegen dieses profilierten Programms hat die NG als einziges Landesmuseum in Österreich Jahr für Jahr einen Zuschuss vom Bund erhalten. Ausschlaggebend für dieses Erfolgsprofil war allerdings seit Jahrzehnten die Weisungsfreiheit von der Direktion des Joanneums, also die budgetäre und programmatische Autonomie der Neuen Galerie. Es geht also nicht um die personelle Selbstständigkeit, selbststständiges Handeln von Frau Dr. Steinle und mir, sondern es geht allein um die institutionelle Autonomie der Neuen Galerie, die in allen Jahrzehnten vor 2003 von den jeweiligen Direktorinnen des LMJ respektiert und nicht angetastet wurde. Es geht also auch nicht um den Konflikt zweier Alphatiere, wie die Presse marktschreierisch schreibt, sondern um die Verteidigung dieser Autonomie der NG. Wenn in Ihr Haus eingebrochen würde, wären Sie auch empört, in der Presse zu lesen, zwischen dem Einbrecher und Ihnen wäre es zu einem Kampf zwischen zwei Alphatieren gekommen. Sie haben ja nur Ihr Haus verteidigt. Ich habe immer anerkannt, dass Herr Pakesch Intendant des LMJ und mein Vorgesetzter ist. Aber mit der Metapher der Alphatiere wird das Verhältnis von Täter und Opfer umgedreht. Weil ich Intendant Pakesch ja unterstellt bin, konnte und wollte ich niemals seine Entscheidungen betreffend LMJ und Kunsthaus in irgendeiner Weise lenken, geschweige behindern oder verhindern. Es ist doch grotesk zu glauben, dass ich in dieser Konstellation (hier allmächtiger Intendant, da Kurator mit Werkvertrag) etwas zu entscheiden hätte. Dazu fehlt mir doch jede Grundlage. Nicht ich kann entscheiden, wieviel Werbebudget das Kunsthaus bekommt (z.B. 330.943 EUR im Jahr 2008). Aber Intendant Pakesch kann entscheiden, wieviel Werbebudget die NG bekommt (z.B. 47.645 EUR im Jahr 2008). Nicht ich kann personelle, budgetäre, organisatorische Entscheidungen treffen. Ich war ja nur Kurator. Ich konnte und wollte nie etwas verlangen. Nur umgekehrt, wenn Intendant Pakesch die Neue Galerie behindern und einschränken wollte, habe ich mich in den krassesten Fällen dagegen gewehrt. Wenn wir bei Ausstellungen im eigenen Haus nicht sprechen durften, wenn er uns Ankäufe diktieren wollte, wenn er uns Vorgänge aufzwingen oder verbieten lassen wollte, die nicht sachlich begründbar waren, habe ich mich gewehrt und die Neue Galerie verteidigt.

Schon zu Beginn der Intendanz von Peter Pakesch kam es zu typischen Differenzen. Als Leiter der Kunsthalle Basel hat er eine Auktion veranstaltet, deren Erlös dem Umbau der Kunsthalle Basel zugute kommen sollte. Peter Pakesch erzählte uns, es gäbe eine sehr schöne Arbeit von Albert Oehlen, die die Neue Galerie erwerben soll, weil sie bei der Auktion liegen geblieben war bzw. zurückgegangen ist. Die NG sollte 11.000 EUR dafür bezahlen. Unsere Internetrecherchen ergaben aber einen Marktpreis von 4.000 EUR. Noch dazu war die Provenienz fraglich, Pakesch soll selbst das Werk von Albert Oehlen in die Auktion eingeliefert haben. Außerdem war das angebotene Werk von Albert Oehlen nicht eines seiner besten, und beim geringen Ankaufsbudget der NG, fragten wir uns, warum sollen wir damit der Kunsthalle Basel dienen. Aus diesen Gründen lehnte! die NG den Ankauf ab. Bisher war es so, dass kein Direktor des LMJ der Neuen Galerie einen Ankauf aufgezwungen hat. Diesmal aber musste die Neue Galerie den Ankauf tätigen. Ein anderes Mal musste die Neue Galerie ein Werk der Künstlerin Esther Stocker, (eine Künstlerin, die mehrere Aufträge für das Kunsthaus erhalten hatte), von der Galerie Krobath&Wimmer/Wien kaufen, wobei eine der Galeristinnen eine ehemalige Mitarbeiterin der Galerie Pakesch ist. Bei einer zufälligen Überprüfung der Abrechnungen, weil im Zuge des Abbaus der Autonomie der NG die Abrechnung der NG großteils entzogen worden war, entdeckte Frau Dr. Steinle, dass das von Intendant Pakesch ausgesuchte Werk von Esther Stocker zweimal bezahlt worden ist bzw. doppelt verbucht worden war. Frau Dr. Steinle bat um Rückbuchung der angeblich irrtümlichen Überweisung. Das wurde abgelehnt. So besaß die Neue Galerie plötzlich zwei ähnliche Werke von Esther Stocker. Zur Pensionierung von Hofrat Richard Kriesche überraschte uns Indenat Pakesch mit dem aufgezwungenen Ankauf von drei Werken Richard Kriesches in der Höhe von circa 70.000 EUR, nämlich eine Heugabel aus der Serie »Humane Skulpturen«, zweitens ein konstruktives Gemälde, drittens eine riesige Militärplane, Teil der Arbeit… Wir machten vergeblich darauf aufmerksam, dass zwei der Werke (Heugabel und Riesenplane) gemeinsame Arbeiten von Kriesche und Peter Gerwin Hoffmann sind, dass diese beiden Arbeiten schon einmal von der Steirischen Kulturinitiative bezahlt worden waren und drittens diese drei Werke nicht repräsentativ für Kriesches Schaffen sind. Die Neue Galerie würde sich über einen Ankauf von Werken Richard Kriesches sehr freuen, noch dazu in dieser Höhe, aber dann sollten die Werke repräsentativ für das Schaffen Richard Kriesches sein, der ja einer der bekanntesten und anerkanntesten österreichischen Medienkünstler ist, den ich ja selbst als zuständiger Kommissär für den österreichischen Pavillion bei der Biennale von Venedig ausgestellt habe. Wir wünschten uns also ein Medienwerk für einen so hohen Betrag. Auch hier konnte die NG nicht abwehren. Die Heugabel ging an das Volkskundemuseum, wo sie schon einmal ausgestellt war, und die Neue Galerie verfügt nun über ein Ölgemälde und eine Plane von Richard Kriesche. Die Neue Galerie sollte Geld von der Steiermärkischen Sparkasse zum Ankauf für die Sammlung der NG erhalten. Die NG empfahl Werke aus Osteuropa zum Ankauf, erstens zur Stärkung der Sammlung auf Basis des Trigon-Gedankens, zweitens weil diese Werke damals noch sehr preiswert waren. Heute betreibt die 1. österreichische Sparkasse sehr erfolgreich diese Ankaufspolitik. Damals hatte sich Intendant Pakesch in die Gespräche ohne uns zu informieren eingeschaltet und der Sparkasse andere Ankaufsvorschläge aus dem Programm der Galerie Krobath & Wimmer gemacht. Mit dem Ergebnis, dass die Bank das der Neuen Galerie zugesagte Ankaufsbudget zurückgezogen hat. Auch für das von der Stmk Sparkasse finanzierte Wilhelm Thöny-Projekt musste sich Dr. Steinle schriftlich gegenüber Herrn Pakesch rechtfertigen. Und so ging es immer weiter.

Die Versuche, die Neue Galerie unter das Kuratel von Intendant Pakesch zu stellen, erreichten in den letzten Monaten vor der erzwungenen Demission Dr. Steinles groteske Höhepunkte. Eines Tages wurde der Neuen Galerie in einer Sitzung mitgeteilt, es gäbe in Zukunft weder ein festes Budget noch ein festes Ausstellungsprogramm, denn die GF habe sich eine neue Programmstruktur ausgedacht. Die Neue Galerie dürfe im Wettbewerb mit den anderen Abteilungen Ausstellungsprojekte vorschlagen und diese einem Gremium des LMJ vortragen, das dann entscheidet, welche Ausstellungen realisiert werden oder nicht. Die Letztentscheidung hielt sich explizit Herr Intendant Pakesch vor. Die besondere Pointe war, dass nicht ich oder Frau Dr. Steinle das Programm der NG in diesem Gremium vortragen durften, sondern nur einer unserer Mitarbeiter, gewünscht war Dr. Peter Peer. Nach Genehmigung des Programms würde dann auch das entsprechende Budget genehmigt werden. Unsere Argument, dass wir nach dieser Methode unsere Bundessubvention( in Zeiten der Programmhoheit EUR 15.000) verlieren werden, wurde mißachtet. Sie sehen, die erzwungene Demission von Frau Dr. Steinle war nur der letzte Schritt eines langen Feldzuges gegen die Autonomie der NG.

Die »unnötige bürokratische Grausamkeit«, wie Frido Hütter in der Kleinen Zeitung die Schlüsselberaubung benannte, mit der Frau Dr. Steinle der Zugang zu ihrem Büro verwehrt wurde, ist nur symptomatisch für das Klima der administrativen Gewalt und des Management bei Angst, das seit 2003 im LMJ herrscht. Nach meiner Entlassung erreichten mich mehrere E-Mails von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Joanneums, die mich baten, die Menschenrechte im Joanneum zu verteidigen und die mich in Kenntnis setzten, wie sehr sie »unter Pakesch und seinen Bluthunden« (Originalzitat) gelitten haben. Die GF hat seit 2003, so wurde mir mitgeteilt, etliche Arbeitsprozesse wegen ungerechtfertigter Entlassung geführt. Begonnen hat das brutale Personenkarusell mit der Entlassung des Leiters der Alten Galerie, Universitätsprofessor Dr. Biedermann, gegen die hunderte Kunsthistorikerinnen protestierten. Dann wurden noch weitere Mitarbeiterinnen abgesetzt, zum Beispiel höchst qualifizierten Damen, Dr. Schaukai als Leiterin des Bild- und Tonarchivs, Frau Universitäts-Dozentin Dr. Steinklauber, als Leiterin der archäologischen Abteilung, Frau Dr. Gurke, als Leiterin des Shop des Kunsthauses. Frau DDr. Reingard Rauch wurde als Präsidentin des Vereins der Freunde der Alten Galerie abgesetzt und interimistisch durch Intendant Pakesch ersetzt. Doch alle Personen, die vor einigen Jahren an die Stelle der alten Leiter, von Archäologie bis Volkskunde, traten, wurden mittlerweile selbst wieder abgesetzt und durch neue Leute, die willfähriger waren, ersetzt. All diese Kündigungen waren für mich Ausdruck administrativer Gewalt. So wurden Menschen eingeschüchtert und berufliche Existenzen zerstört. Ich habe versucht im Februar 2011, Herrn Dr. Konrad, Vorsitzender des Aufsichtsrats, über die Missstände zu informieren. Er hat sich auch alles aufgeschrieben, aber nicht weiter darauf reagiert. Aufsichtsräte in Österreich, das kennt man ja leider zur Genüge aus der Wirtschaft, sehen ihre Aufgabe ja darin, zuzudecken statt aufzudecken, zu vertuschen statt aufzuklären. Was mich bei der Entwicklung des Joanneums, die sie im kritischen Rechnungshofbericht nachlesen können, am meisten stört, ist der Abbau von zivilgesellschaftlichen Errungenschaften und dass verantwortungslos Erfolg aufs Spiel gesetzt wird, um seine eigene Macht auszudehnen. Wer am Rand des Rechtsrahmens operiert, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Rechtsradikalismus zunimmt. Denn keine Solidarität bedeutet Täterunterstützung. Unterstützung einer Tätermoral führt zu einem Klima, in dem Kompetenz kriminalisiert wird. Was bedeutet, dass je kompetenter und erfolgreicher eine Abteilung operiert, diese umso mehr verfolgt wird. Der Konflikt zwischen der GF des Joanneums und der Neuen Galerie war also nicht ein Fall von Freundschaft oder Feindschaft, sondern ein Konflikt zwischen Kompetenz und Inkompetenz.

Seit 2003, mit dem Beginn der Geschäftsführung Muchitsch/Pakesch, wurde systematisch versucht, die erfolgreiche Autonomie der NG abzubauen. Bereits 2002 hat Intendant Pakesch schon einmal versucht, mich zu kündigen. Auf sein Drängen, wie mir heute die damals mit dem Vorgang befassten Beamten mitteilen, hat Kulturlandesrat Dr. Hirschmann meinen laufenden Werkvertrag als Kurator der Neuen Galerie gekündigt, sodass dieser exakt am 31.12.2002 endet, wenn Peter Pakesch mit 1.1.2003 seine Tätigkeit als Intendant des LMJ beginnt. Aufgrund des Drucks der öffentlichen Meinung musste aber Kulturlandesrat Dr. Hirschmann diese Kündigung zurücknehmen. Allerdings hat Intendant Pakesch in den neuen Werkvertrag jene Maulkorbklausel hineingeschrieben, mit der er mich jetzt entlassen hat. Mit der Eingliederung der Neuen Galerie in die Abteilung „Zeitgenössische und moderne Kunst” hat Intendant Pakesch offensichtlich sein Ziel erreicht, wie er selbst in einer Zeitung sagt:”Die Neue Galerie gibt es nicht mehr”. Daraufhin hat WalterTitz in der Kleinen Zeitung geschrieben: „Die Neue Galerie war im steirischen Kunstbetrieb die erfolgreichste Marke. Nun wird die Marke zerstört, warum?” Im Programm Mai 2011 des UMJ wird auf Seite l die Eröffnung des Museums im Palais am 11.5.2011 groß angekündigt. In der kurzen Geschichte des Palais Herberstein, die dem Ausstellungsprogramm vorangestellt wird, kommt typischerweise der Name der Neuen Galerie gar nicht mehr vor. Es heißt dort nur: »Bis vor kurzem stand das Palais im Zeichen der zeitgenössischen Kunst…«, was nicht einmal stimmt, weil die Neue Galerie stellte die Kunst des 20. und 19. Jahrhunderts aus. Auch in den früheren Programmheften des LMJ sind die Ausstellungen der Neuen Galerie gering beworben worden, zum Beispiel wurde die Ausstellung des nationalsozialistischen Malers Millim im Schloss Trautenfels mit einer ganzen Seite beworben, hingegen wurden drei Ausstellungen der NG nur mit einer halben Seite abgefunden.

2. BRUSEUM

Um die Steiermark als ein führendes Kulturland in Österreich zu positionieren, hatte ich auch eine weitere Idee. Bundesländer wie Niederösterreich errichteten in den letzten Jahren zahlreiche Museen für ihre Künstler wie Nitsch, Rainer, Frohner. In Wien sammelt man Schiele, Klimt und Wiener Aktionismus. In Linz sammelt man Alfred Kubin, weil er Oberösterreicher ist. Es ist daher nahe liegend, den weltberühmten österreichischen Staatspreisträger Günter Brus, der in der Steiermark geboren wurde und in Graz lebt, zu einem Schwerpunkt der Sammlung zu machen. Es ist mir gelungen, Kulturlandesrat Dr. Flecker von der Notwendigkeit eines Sammlungsschwerpunktes Brus zu überzeugen, bevor Brus seine Werke als Nachlass nach Wien oder woandershin gibt. Die NG erhielt ca. 1 Mio EUR für den Sammlungsaufbau und später nochmals eine Summe für den literarischen Vorlass. Brus war so dankbar für diese Idee, dass er bedeutende Werke der NG schenkte und einen Namen erfand, das BRUSEUM. Auch diese Initiative von mir, die Gründung des BRUSEUMS, stieß auf Widerstand der GF und wurde auch nur durch die Unterstützung von KulturLR Dr. Flecker realisiert. Bei der Präsentation des BRUSEUMs allerdings durften weder Frau Dr. Steinle noch ich öffentlich sprechen. In vielen Sitzungen habe ich gemeinsam mit Günter Brus und Dr. Steinle die Sammlungsschwerpunkte bestimmt und jedes Stück des Ankaufs selbst ausgewählt. Also nicht nur die Idee, sondern auch der Aufbau der Sammlung und die Auswahl der Werke oblagen ganz mir, weil ich als ehemaliger Weggefährte die größte Sachkompetenz habe. So ist ein Kompetenzzentrum Günter Brus entstanden, das weltweit wirken soll. Wenn in nächster Zeit die bedeutensten Museen der Welt (wie schon das Centre Pompidou in Paris im Jahre 1993) Brus-Retrospektiven machen, werden wir in Graz stolz sein, als Kompetenzzentrum und Leihgeber involviert zu werden. Zur Eröffnung des BRUSEUMS wird seit langem ein Catalogue raisonne erarbeitet. Obwohl hier längst schon eine Einigung über die Finanzierung erlangt wurde (mithilfe der Gesellschaft der Freunde der Neuen Galerie), hat Herr Pakesch im letzten Vorschlag den Katalog wieder massiv in Frage gestellt. Insgesamt ist von Seiten der GF der Trend zu beobachten, die wissenschaftliche Leistung der NG zu behindern bzw. zu verhindern. Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass wir eigentlich keine Kataloge machen sollten. Frau Dr. Steinle wurden sogar im Demissionsgespräch Vorwürfe wegen der Katalogproduktion gemacht. Dies zeugt von einer großen Inkompetenz, denn die Reputation eines Museums lebt sehr stark von seinen wissenschaftlichen Katalogen. Ohne einen Bestandskatalog hat eine Museumssammlung keinen Sinn. Heutzutage gehört eine Sammlung auch ins Netz gestellt, aber für die dafür notwendige Digitalisierung wurde das von Dr. Muchitsch zugesagte Budget wieder zurückgezogen. Also brauchen wir einen gedruckten Katalog, denn ohne Veröffentlichung der Werke kann niemand diese anfordern. Außerdem ist die NG der Auffassung, dass wissenschaftliches Arbeiten zum Gründungsgedanken des Joanneums gehört. Deshalb hat die NG schon seit der Gründung des BRUSEUMs bedeutende Publikationen in Österreich, Frankreich und Ungarn zu seiner Brus-Sammlung herausgebracht. Auch diese Leistung, die Gründung des BRUSEUMs, will die GF mir und Frau Dr. Steinle wegnehmen. Warum?

3. Sammlungsausstellung »Moderne: Selbstmord der Kunst?«

Die zweite Eröffnungs-Ausstellung, nämlich die Ausstellung der Sammlung unter dem Titel „Moderne: Selbstmord der Kunst”, geht ebenfalls auf eine Idee von mir zurück. Sie ist nicht eine x-beliebige Sammlungsausstellung, die übliche Reihung von sog. Meisterwerken, sondern basiert auf einen Konzept, das auf die Sammlung selbst eingeht und zurückgeht. In den 20 Jahren der Leitung der NG durch Dr. Steinle und mir als Chefkurator ist es nämlich gelungen, trotz eines sehr geringen Budgets, aber mit Unterstützung der Gesellschaft der Freunde der NG, Privatpersonen und durch den Bund -als Anerkennung unserer Leistung – und vor allem durch unsere Kompetenz, die das frühzeitige Entdecken von Qualität und damit billiges Einkaufen ermöglicht, eine großartige Sammlung aufzubauen, zum Teil mit Inkunabeln der Kunstgeschichte (z.B. Duchamp), ja zum Teil ganz neue Sammlungsgebiete wie Fotografie und Video aufzubauen, von denen hochwertige Bestandskataloge Zeugnis ablegen. Niemand kennt diese Sammlung von Gegenwartskunst so gut wie Frau Dr. Steinle und ich, da wir sie Stück für Stück, Ankauf für Ankauf, Schenkung für Schenkung, aufgebaut haben. Als Doktorin der Kunstgeschichte kennt Frau Dr. Steinle selbstverständlich auch die klassische Sammlung ab 1800 perfekt. Das Konzept der Sammlungsausstellung bezieht sich direkt auf die Sammlungsstruktur der NG, steht aber auch in Beziehung zum BRUSEUM, weil Destruktion und Autodestruktion eine Kategorie in einer bestimmten Werkphase von Günter Brus darstellen, die aber insgesamt für eine bestimmte Richtung der modernen Kunst gültig ist. Die Ablösung von Repräsentation (z.B. gemalter Körper bei Schiele) durch Realität (z. B. realer Körper bei Brus) kann aus einer bestimmten Perspektive als Selbstauflösung der Kunst gelten. Diese spannende Neubewertung der Kunst der Moderne, theoretisch sehr anspruchsvoll, kann nur ich als Kurator machen. Es ist ein grotesker Vorschlag der GF- entgegen den Vereinbarungen -dass ich als Urheber des Konzepts nur mehr Berater bei der Ausführung des Konzepts sein soll.

Auch hier ist ein Katalog absolut notwendig, erstens um die Sammlung zu präsentieren und zweitens, um dem Publikum das Verständnis der Ausstellung zu erleichtern. Mit dieser thematischen Sammlungspräsentation werden wir sicherlich die Aufmerksamkeit der Medien und des Publikums erwecken, wie es die Eröffnung eines neuen Museumsviertels benötigt.

4.           Personale Hans Hollein

Neben der Eröffnung des BRUSEUMs und der Präsentation der Sammlung bedarf die Neueröffnung eines Museum auch einer publikumsattraktiven Wechselausstellung. Meine Wahl fiel auf den Universalkünstler Hans Hollein, weil er zum Anspruch des Universalmuseums wie kaum ein zweiter österreichischer Künstler passt. Hollein ist nicht nur der einzige österreichische Pritzker-Preisträger (Nobelpreis für Architektur) und österreichischer Staatspreisträger, sondern auch bildender Künstler, Designer, Kurator, Theoretiker etc. Seine letzte große Ausstellung hatte er vor ca. 20 Jahren in Wien. Der Name Hollein bürgt für weltweite mediale Attraktivität. Wegen des geringen Budgets ist es der Neuen Galerie bereits bei der Vorbereitung gelungen, Sponsorleistungen aufzutreiben.

5.           Zusammenfassung

Sie sehen, ich habe versucht, gemeinsam mit Frau Dr. Steinle einen Ausstellungsreigen zu konzipieren, der für die Eröffnung des Joanneumsviertels optimale Qualität und Attraktivität garantiert und dem Land Steiermark, gemäß meiner Aufgabe als Chefkurator, einen Dienst zu erweisen. Sie sehen, alle drei zur Eröffnung geplanten Ausstellungen sind an Frau Dr. Steinle und mich konzeptuell wie organisatorisch gebunden, weil wir sie zum Teil bereits jahrelang vorbereiten. Ebenso ist der neue Standort eine Idee von Frau Dr. Steinle und mir. Warum dürfen wir die Früchte unserer Arbeit nicht ernten? Warum soll ich nur wissenschaftlicher Berater sein oder Beiträger von Texten bei den Projekten, die von mir selbst stammen? Ist es nicht ebenso grotesk wie herabsetzend? Darf man Ideen in Österreich einfach stehlen und die Urheber absetzen? Diese Strategie der Ausschaltung verfolgt allerdings die GF des Joanneums bereits seit einiger Zeit. Bei der Eröffnung der Rudolf Szyszkowitz-Ausstellung, dessen Katalog Frau Dr. Steinle herausgab, durfte Frau Dr. Steinle als Leiterin der NG auf Anweisung von Herrn Pakesch nicht sprechen. Wer allerdings sprach, war Herr Intendant Pakesch. Darf eine Leistung, die der Kultur der Steiermark und ihrer Reputation über 30 Jahre zugute gekommen ist und teilweise zu weltweiter Anerkennung führte, einfach negiert werden? Frau Dr. Steinle hat nichts getan, außer eine gute Leistung erbracht zu haben. Sie hat ein Forschungsprojekt über den wichtigsten steirischen Maler des 20. Jahrhunderts initiiert, Wilhelm Thöny, und gemeinsam mit Dr. Nikolaus Breisach 1 Mio EUR von der Steiermärkischen Sparkasse für den Ankauf und die wissenschaftliche Erforschung von Thönys Werk lukriert. Die angekauften Werke werden später als Dauerleihgabe an die Neue Galerie gehen. Auch dieses Projekt wurde von der GF zunächst behindert und in Frage gestellt. Nun darf sie höchstens eine wissenschaftliche Recherche dazu beisteuern. Hat Frau Elfriede Jelinek nicht recht, wenn sie an Herrn LH Mag. Voves schreibt, Frau Steinle wird wie Müll behandelt?

Die neuen Vorschläge der GF zur Realisierung der Eröffnungsausstellungen sind nicht nur persönlich herabsetzend, sondern vor allem sachfremd, außer das Ziel der GF ist, die Realisierung dieser Projekte zu vereiteln. Denn wenn Frau Dr. Steinle und ich keine Rechte mehr haben, keine Befugnisse mehr haben, dann können wir derartige aufwendige Ausstellungen und Kataloge nicht rechtzeitig fertig stellen. Wenn ich bei der Realisierung meiner eigenen Ideen nur beratend tätig sein dürfte, habe ich ja gar kein Pouvoir, um diese Ideen adäquat zu realisieren. Frau Dr. Steinle soll gar keinen direkten Zugang zur Sammlung haben und nur während der normalen Öffnungszeiten Zugang zur Bibliothek haben. Anstatt einer großzügigen Bereitschaft, die Eröffnungsausstellungen für das Land Steiermark zu unterstützen, enthalten die Vertragsentwürfe nur kleinliche Einschränkungen der Befugnisse und der Operationsfähigkeit. Wo es immer nur geht, sprechen die neuen Vertragsentwürfe der GF von Barrieren, Hindernissen und Obstruktionen. Während ich ganz im Gegenteil zu Beginn der Gespräche meine Kompromißbereitschaft signalisiert und als Beweis meines Vertrauens in eine offene und ehrliche Atmosphäre der Zusammenarbeit einen Vorschuss geliefert habe:

Erstens habe ich vorgeschlagen, ein Jahr früher aus meinem Vertrag, der bis Ende 2012 läuft, auszusteigen, wenn Herr Pakesch das will. Zweitens habe ich auf Wunsch von Herrn Pakesch bei der Presseaussendung vom 6.4.2011 meine Aussagen zur GF zurück genommen. Ich möchte betonen, dass es von mir und Frau Dr. Steinle nie eine Feindseligkeit gegenüber der GF des Joanneums gab. Was wir getan haben, war unsere Kompetenz und unsere Autonomie zu verteidigen als Vermächtnis unseres Vorgängers Univ.-Prof. DDr. Wilfried Skreiner. Wir waren nie kritisch, wir waren nur kompetent. Autonomie (Selbstbestimmung) und Authentizität, (sich nicht verbiegen zu lassen), waren für die NG nicht nur der Garant für deren Erfolg, sondern sind die Grundpfeiler der europäischen Zivilisation seit der Aufklärung und daher auch Grundpfeiler des Joanneumgedankens.

Angesichts der Vorfälle in der Politik (von Grasser bis Strasser), bei den Banken (von Bawag bis Hypo), in den Museen (von Noever bis Matt) usw., fragen sich immer mehr Österreicher immer öfter, in welchem Land leben wir? Leben wir noch in einem Rechtsstaat? Unmittelbar nach der Mitteilung der Demission als Leiterin der NG wurde Frau Dr. Steinle der Schlüssel von ihrem Büro abgenommen, damit der Zugang zu Büro, Post, Emails etc., verweigert. Ein Schreiben ihres nominierten Nachfolgers Dr. Peer erreichte Herrn RA Dr. Lindner, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass das Büro von Frau Dr. Steinle geräumt werde. Sie wurde zwangsweise dienstfrei gestellt, gleichsam unter Hausarrest gestellt. So behandelt man normalerweise nur politische Verbrecher. Frau Dr. Steinle hat aber nichts angestellt, das eine derartige „bürokratische Grausamkeit” (Frido Hütter, Kleine Zeitung) legitimiert.

Als Antwort auf den Wortbruch der GF, welcher ein Gelingen der Eröffnungsprojekte in Frage stellt, kann es nur eine Reaktion geben. Frau Dr. Steinle muss wieder als Leiterin der NG bis zum Jahresende 2011 eingesetzt werden, damit sie die Verantwortung übernehmen kann und die Eröffnungsausstellungen sicherstellen kann. Es ist lächerlich anzunehmen, dass sie als kuratorische und organisatorische Assistenz unter den von der GF gewünschten Bedingungen die Verantwortung übernehmen kann. Umso weniger kann ich sie übernehmen. Die Wiedereinsetzung von Frau Dr. Steinle als Leiterin bis Ende 2011 bedeutet nicht im Geringsten eine Veränderung der Sparpläne. Die

 

sogenannte Strukturreform wird dadurch auch nicht beeinträchtigt, weil die neue Abteilung „zeitgenössische und moderne Kunst” mittlerweile schon wieder aufgelöst ist. Frau Dr. Fiedler erhält wieder die Leitung des Skulpturenparks. Genau so gut kann Frau Dr. Steinle auch die Leitung der NG wieder erhalten, zumindest auf ein Jahr. Wenn daher politisch gewünscht wird, dass vom Land Steiermark ein größerer Schaden abgewendet wird, wenn politisch gewünscht wird, dass die negativen Presseberichte um das Joanneum aufhören, wenn tatsächlich gewünscht wird, dass es eine glanzvolle Eröffnung des Joanneumsviertels gibt, würdig des Joanneumsgedankens und seiner Ideale: Wissen, Bildung, Solidarität, Aufklärung, Humanität gibt es dafür nur eine Lösung: Die Wiedereinsetzung von Frau Dr. Steinle als Leiterin der NG bis Ende 2011. Sie hat übrigens im Gespräch mit der GF bei der Mitteilung ihrer Absetzung genau diesen Vorschlag gemacht. Hätte die GF diesen Vorschlag akzeptiert und nicht ein Exempel der Machtdemonstration liefern wollen, hätte auch ich nicht protestiert und dann wäre auch ich nicht gekündigt worden und es hätte keinen Medienskandal gegeben. Aber diese harmonische Lösung wollte die GF nicht. Warum? frage ich wie Herr Titz in der Kleinen Zeitung. Für die Bitte um Wiedereinsetzung von Frau Dr. Steinle gibt es nur sachliche Gründe. Die drei Eröffnungsausstellungen können nur realisiert werden, wenn Frau Dr. Steinle und ich sie erarbeiten können und wir werden sie nur erarbeiten können, wenn wir die tatsächliche Leitung innehaben und nicht nur Beraterfunktionen, noch dazu mit Behinderungen und Bedrohungen. Nicht von außen, sondern nur von innen können diese Ausstellungen bewältigt werden. Es ist mir unbegreiflich, warum man ein halbes Jahr vor der Eröffnung die Personen aus ihren Positionen schmeißt, die im Auftrag der GF diese Ausstellungen seit langem vorbereiten. Im Jahresprogramm des Joanneums 2011 steht genau die Verteilung der Aufgaben fest, die mit der GF abgesprochen war. Die Urheber der Eröffnungsausstellungen sollen diese auch tatsächlich realisieren dürfen, und zwar an dem neuen Standort, den sie selbst initiiert haben. Wenn „ein moderner Kulturcluster europäischen Formats” (Programmbuch 2011) tatsächlich im Joanneumsviertel entstehen und dieser Cluster feierlich zelebriert werden soll, wenn wissenschaftliche Standards eingehalten werden sollen, die gleichzeitig publikumsattraktiv sind, kann nur die Wiedereinsetzung von Frau Dr. Steinle dies garantieren, die zusammen mit dem großartigen Team der NG und mit mir eine phantastische Arbeit leisten wird. Jede andere Version wäre kontraproduktiv. Die Zerstörung der Neuen Galerie bedeutet auch die Zerstörung des Joanneums-Gedanken. Wer wünscht sich dies zum 200-jährigen Jubiläum des Joanneums?

Ich bitte Sie, Verantwortung zu übernehmen im Sinne der Kultur in der Steiermark, im Sinne der Menschenrechte und im Sinne der Zivilgesellschaft. Ich weiß, in anderen Ländern wie China, Russland etc. ist es schlimmer, dort werden Leute inhaftiert, deportiert oder getötet, wenn sie nicht systemkonform sind. Aber auch in Österreich werden freie Geister schikaniert, verhöhnt, drangsaliert, weggesperrt, buchstäblich ausgesperrt. In Österreich verliert man nur seinen Job bzw. wird die berufliche Existenz vernichtet, wenn man sich gegen Machtmissbrauch wehrt. Schlimm genug, finde ich. Funktionieren so Freiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft und Kunst in der Steiermark, wie es der Skandal um die Neue Galerie zeigt?

„In diesem Land gibt es zu wenig verantwortungsbewußte Menschen” sagte Ai Weiwei, der berühmte verhaftete chinesische Künstler, und ich hoffe, er meinte China und nicht Österreich.

Hochachtungsvoll

Peter Weibel

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13. Mai 2011: Schreiben von Prof. Weibel an die politischen Abgeordneten des Landes und der Stadt und Medien (Kurztext)

Sehr geehrter Herr, sehr geehrte Frau …

Link Kunstzeitung: Skandal in Graz: Pakesch und Joanneum trudeln ins Abseits (Kunstzeitung Mai 2011, S. 2, Auflage 200.000 Exemplare)

Am 4. April 2011 wurde in einer Sitzung mit Kultur LR Dr. Christian Buchmann, der Geschäftsführung des Joanneums (GF) und mir beschlossen, dass ich gemeinsam mit Frau Dr. Christa Steinle die drei Eröffnungsausstellungen der Neuen Galerie im Joanneumsviertel (Bruseum, Hollein, Sammlungsausstellung »Moderne«) am 26.11.2011 realisieren und Frau Dr. Steinle 2012 die Ausstellung Wilhelm Thöny kuratieren soll. Diese Vereinbarung wurde der Öffentlichkeit via Fernsehen und Presse mitgeteilt (siehe Die Presse 15.4.2011, Fokus Steiermark, etc.). Auch das Kuratorium des UMJ wünschte sich in seiner Sitzung am 6.4.2011 eine einvernehmliche Lösung, welche die drei Eröffnungsausstellungen sicher stellt. Am Mittwoch 6.4.2011 wurden zwischen der GF, Frau Dr. Steinle, mir und weiteren Vertretern des Joanneums in Anwesenheit von RA Dr. Guido Lindner die gewünschte Lösung gefunden, genauso wie sie im Programmbuch des UMJ steht. Ich werde als Kurator der drei Eröffnungsausstellungen wieder eingestellt und Frau Dr. Steinle leite als Stabsstelle das Projekt der Eröffnungsausstellungen. Dieser Vertragsentwurf wurde den Medien als ein von allen Parteien tragbarer Kompromiss mitgeteilt (siehe Kleine Zeitung online 6.4.2011). Als Zeichen meines ehrlichen Bemühens für ein gutes Arbeitsklima und eine harmonische künftige Zusammenarbeit war ich – auf ausdrücklichen Wunsch von Peter Pakesch – sogar bereit, mich in der Presseaussendung der GF vom 6.4.2011 für meine Wortmeldungen in der Presse zu entschuldigen. So entstand in der Öffentlichkeit der Eindruck einer Einigung. Einige Tage später war alles anders. RA Lindner, der die Interessen von Frau Dr. Steinle und mir vertritt, wurde mit einseitig geänderten Vertragsentwürfen seitens der Joanneumsleitung konfrontiert, welche die ursprünglichen Vereinbarungen vollkommen verdrehen bzw. zurücknehmen. Von den drei geplanten Ausstellungen wurde mir nur mehr die Hollein-Ausstellung als Kurator zugesagt. Bei meinen anderen Ausstellungen dürfte ich eventuell eine beratende Rolle spielen (siehe Beilage). Dr. Steinle und mir wurden sämtliche Rechte und Kompetenzen abgesprochen, z.B. die Herausgeberschaft der Kataloge und nur ein Vorschlagsrecht für die Edition durch Verlage. Dr. Steinle wird der direkte Zugang zur Sammlung verwehrt und dürfe nur während der normalen Öffnungszeiten die Bibliothek benützen.

Der gefundene und öffentlich verkündete Kompromiss wurde also von der Geschäftsführung des Joanneums selbst wieder aufgelöst. Die Kompromiss-Lösung wurde von der GF selbst torpediert und versenkt. Mit dem Wortbruch der GF des Joanneums sind nun die drei Eröffnungs-Ausstellungen durch die Geschäftsführung erneut in Frage gestellt. Die GF annullierte den Kompromissvorschlag vom 4. und 6.4.2011 und blockiert damit die Realisierung der drei Eröffnungsausstellungen. Da dieser Weg von der GF selbst versperrt wurde, ist er nicht weiter gangbar, denn er verhindert gezielt die Realisierung der drei Eröffnungsausstellungen. Die GF hat also mich, Frau Dr. Steinle und RA DR. Lindner, aber auch die Presse und die Politik getäuscht.

Ein neuer Weg muss gefunden werden, eine verlässliche Lösung, welche die drei Eröffnungsausstellungen realisierbar macht. Hans Hollein und Günther Brus haben aufs Neue betont, dass sie nur mit mir als Kurator der Ausstellungen und Herausgeber der Kataloge in Zusammenarbeit mit dem von Frau Dr. Steinle geleitetem Team der Neuen Galerie ihre Ausstellungen machen wollen. Die neue und notwendige Lösung lautet daher: Um alle Unsicherheiten und Unzuverlässigkeiten aus dem Weg zu räumen, ist es unumgänglich, Frau Dr. Steinle als Leiterin der Neuen Galerie zumindest bis zum Ende 2011 wieder einzusetzen. Nur so kann der Erfolg der Eröffnungsausstellungen mit dem geringen Budget und der Zeitknappheit garantiert werden. Dass so etwas möglich ist, zeigt das Beispiel von Frau Dr. Fiedler. Die neue Abteilung »Zeitgenössische und moderne Kunst« (Kunsthaus, Neue Galerie, Skulpturenpark), die ja angeblich die Ursache für die Demission von Frau Dr. Steinle war, wurde, kaum gegründet, schon wieder aufgelöst. Frau Dr. Fiedler erhält glücklicherweise die Leitung des Skulpturenparks zurück (plus – bedauerlicherweise – die Leitung des Instituts für Kunst im Öffentlichen Raum, die zuvor Frau Dr. Steinle von der GF angeboten worden war, die sie aber aus Respekt und Anerkennung für die Arbeit von Herrn Dr. Fenz abgelehnt hatte). Also kann auch Frau Dr. Steinle die Leitung der Neuen Galerie, zumindest befristet bis Jahresende, wieder zurückerhalten. Frau Dr. Steinle hat immer loyal gegenüber der GF und dem Joanneums-Gedanken gehandelt. Jede andere Darstellung entspricht nicht den Tatsachen und wäre Verleumdung und Mobbing. Sie hat sich in den dreißig Jahren ihres Wirkens in der Neuen Galerie nichts zu Schulden kommen lassen, sondern im Gegenteil zahlreiche Künstlerinnen entdeckt und deren Karrieren gefördert, bedeutende Ausstellungen kuratiert und eine großartige Sammlung aufgebaut. Zu ihrem 60. Geburtstag im Jahr 2011 verdiente sie eine Festschrift und nicht, dass man sie ein halbes Jahr vor den lange vorbereiteten Eröffnungsausstellungen »wie Müll behandelt« (Nobelpreisträgerin E. Jelinek) und davon jagt, ihr den Schlüssel wegnimmt und den Zugang zu ihrem Büro verweigert, gleichsam ins Exil schickt und ausbürgert. Nur sie als Leiterin der Neuen Galerie mit Weisungsbefugnis und Zugang zum Personal etc. kann eine glanzvolle Eröffnung der Neuen Galerie im Joanneumsviertel zum 200-jährigen Jubiläum sicher stellen. Diese Lösung würde auch von der Kunstszene und den Medien als Beleg einer sachlichen und souveränen Kunstpolitik sehr begrüßt werden. Eine andere Lösung bzw. Nicht-Lösung würde, wie schon erlebt, erneut einen gewaltigen Sturm in den Medien entfachen, größer als der bisherige. Denn kommt es zu keiner Einigung in diesem Sinne, werden die drei Eröffnungsausstellungen nicht stattfinden, weil ich dann meine kuratorischen Aufgaben nicht wahrnehmen kann und will und meine Projektideen zurückziehe, ebenso wie die Künstler.

Es würde ein merkwürdiges Licht auf die Kulturpolitik des Landes Steiermark werfen, wenn ausgerechnet zum 200-jährigen Jubiläum des Joanneums die Neue Galerie zerstört würde, welche seit ihrer Gründung 1941 die erfolgreichste Abteilung des Joanneums ist, nur weil der Intendant des Joanneums, der gleichzeitig auch Leiter des Kunsthauses ist – was eine strukturelle Unvereinbarkeit ist -, die Neue Galerie unter seinen absoluten Einflussbereich stellen will. Das ist ja das eigentliche Ziel der Zusammenlegung von Kunsthaus und Neuer Galerie. Bei dieser Machtübernahme standen Frau Dr. Steinle und ich im Wege, deswegen mussten wir entfernt werden. Es wäre zumindest beunruhigend, wenn die verantwortlichen Politiker ausgerechnet zum Jubiläum des Joanneums und dessen hehren Idealen zusehen, wie die Grundpfeiler der Zivilgesellschaft missachtet werden, was durch die gescheiterten Eröffnungsausstellungen dokumentiert wäre.

Ich bitte daher alle zuständigen Politiker, Verantwortung zu übernehmen, Frau Dr. Steinle zu rehabilitieren, damit wir alle gemeinsam mit den Künstlern, dem Team der Neuen Galerie und der Bevölkerung das Joanneumsviertel adäquat und kompetent, menschlich und künstlerisch erfolgreich eröffnen werden. Ansonsten bleibt vom Jubiläumsjahr nur der Skandal (siehe Kunstzeitung Mai 2011) und das Gelächter der Geschichte.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung Peter Weibe!

P.S. In der Anlage finden Sie Beilage 1 (Schreiben von Herrn Dr. Muchitsch), Beilage 6 (Kunstzeitung Mai 2011) und eine längere Version meines Briefes mit detaillierter Darstellung der Sachlage.

 

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13. Mai 2011: Schreiben von Prof. Weibel an Dr. Max Oswald Klubdirektor Landtagsklub der Grünen / Steiermark

Sehr geehrter Herr Dr. Oswald,

ich bin Ihnen und Frau Landtagsabgeordnete Ingrid Lechner-Sonnek und Ihrer ganzen Fraktion außerordentlich dankbar, dass Sie nicht nur die Kunst, sondern auch die soziale Gerechtigkeit und die Demokratie gegen autokratische Allüren verteidigen. Selbstverständlich können Sie für den Entschließungsantrag die E-mail von Herrn GF Dr. Muchitsch als Beilage und Beweisstück verwenden und ebenso selbstverständlich die Textpassagen meines Briefes.

Inzwischen hat sich allerdings einiges ereignet, das ich Ihnen zur Kenntnis bringen möchte. Am 11. Mai 2011 kam es zwischen der GF (Muchitsch, Pakesch), zwei weiteren Mitarbeiterinnen des Joanneums, Prof. Dr. Marhold vom Aufsichtsrat und RA Dr. Lindner, Dr. Steinle und mir zu einem Gespräch. Mein Ersuchen um Wiedereinsetzen von Frau Dr. Steinle, um die drei Eröffnungsausstellungen sicherzustellen, wurde ohne Angabe sachlicher Gründe brüsk abgelehnt. Es wurde versichert, die angebotene Stabsstelle gäbe Frau Dr. Steinle genügend Handlungsfreiheit und -autonomie, um als Projektleiterin der drei Eröffnungsausstellungen agieren zu können. Mir selbst wurde angeboten, die Kuratorenschaft der drei Eröffnungsausstellungen wie auch die Herausgeberschaft der drei Kataloge zu übernehmen. Die GF hat also ihre Position widerrufen, und mir die schon mehrfach vereinbarten und publizierten Aufgaben wieder übertragen. Ich habe allerdings betont, dass ich diese Aufgaben nur wahrnehmen kann, wenn Frau Dr. Steinle in der Tat als Projektleiterin handlungsfähig ist.

Allerdings haben Frau Dr. Steinle und ich den angebotenen und von der GF unterschriebenen Vertrag nicht unterschrieben, weil wir aus Erfahrung wissen, dass mündliche und schriftliche Vereinbarungen am nächsten Tag wieder zurück genommen werden und leider keine lange Gültigkeit besitzen. Die acht Jahre unter der Intendanz Pakesch waren eine Kette von Vereinbarungen, die nicht eingehalten wurden, auf die neue Vereinbarungen folgten, die wiederum zurückgezogen wurden, die Rückzieher führten zu neuen Vorschlägen und Vereinbarungen, die wieder hintertrieben wurden. So wurde langsam die budgetäre, organisatorische und personelle Autonomie der NG abgebaut. Als Beilage und Beleg sende ich Ihnen den Briefverkehr zwischen Bundesministerium, GF und Neue Galerie. Frau Dr. Steinle und ich wollten daher erproben, ob die GF ihr Wort hält, und erst dann unterzeichnen. Wie befürchtet und erwartet kam es zu einem Wortbruch (siehe das Gedächtnisprotokoll von Frau Dr. Steinle vom 13.5.2011).

Frau Dr. Steinle ging am Freitag, den 13.5.2011, auf Wunsch der GF zur Büroübersiedlung in den neuen Standort der NG. Dort bat sie den neuen Leiter der NG, Dr. Peer, höflichst um kollegiale Unterstützung. Der allerdings antwortete mit Klartext: Frau Dr. Steinle soll isoliert in ihrem neuen Büro arbeiten und keinen Kontakt zu den Mitarbeiterinnen erhalten, obwohl das Gegenteil mit der GF ausgemacht war. Auf die Frage “warum” hieß es: Weil er es so will, weil die GF es so will und die Mitarbeiter es wollen. Frau Dr. Steinle bat, die fraglichen Mitarbeiter zu holen, die im Gegensatz zur Aussage von Dr. Peer bestätigten, dass sie gerne mit Frau Dr. Steinle zusammen arbeiten und die Büroräume teilen wollen. Der darauf hin am Nachmittag erfolgte Briefwechsel zwischen GF und RA Dr. Lindner führte dazu, dass die Mitarbeiterinnen doch bei Frau Dr. Steinle arbeiten dürfen. Man kann also wieder schweres Mobbing und freche Lügen feststellen. Desweiteren sagte der neue Leiter, es müsste Frau Dr. Steinle klar sein, dass er, Dr. Peer, Personalhoheit und Budgethoheit habe und er den Aufbau der Ausstellungen organisieren werde. Das Ausstellungsteam und die Mitarbeiterinnen seien allein ihm unterstellt. Frau Dr. Steinle habe keine Anweisungen zu treffen und niemandem etwas aufzutragen. Alle Anfragen und Anträge hätten über ihn zu gehen, und er müsse sie bewilligen. Schon Tage vorher hatte die GF dem versammelten Team der NG mitgeteilt, dass die Worte von Frau Dr. Steinle keine Bedeutung haben, wenn sie jemandem etwas auftrage, er dies nicht zu befolgen habe. Was immer sie anordne, habe keine Relevanz, niemand sei verpflichtet, zu machen und zu befolgen, was Frau Dr. Steinle sagt. Damit wurde den Mitarbeiterinnen Angst gemacht, mit Frau Dr. Steinle zu kooperieren. Denn wer trotz dieser Mitteilung und Warnung der GF kooperiert, wird schnell verdächtig und muss damit rechnen, versetzt zu werden – das übliche Management der Angst, das ich der GF des Joanneums schon lange vorwerfe. Es wurde von der GF sogar erwogen, für das Büro von Frau Dr. Steinle im 2. Stock ein extra Schloss zu machen, so dass sie nirgends hinein kann und stets läuten müsste, wenn sie die Bibliothek benützen oder Mitarbeiterinnen der Ausstellungsprojekte treffen möchte.

Es ist also das eingetreten, was ich aus Erfahrung befürchtete: die Stabsstelle ist eine Stelle ohne Befugnisse. Das Versprechen, Frau Dr. Steinle sei nur Intendant Pakesch unterstellt und nicht Dr. Peer, war wieder einmal falsch. Wenn in Wirklichkeit alles mit Dr. Peer zu besprechen ist und Dr. Peer für das Personal, das Budget, das Aufbauteam zuständig ist, dann ist Frau Dr. Steinle de facto Dr. Peer unterstellt. Die Stabstelle ist realiter keine Stabsstelle. Die GF ist also nicht von der Politik abgewichen, die Ausstellungen zu verhindern, denn unter den beschriebenen Umständen sind die drei Eröffnungsausstellungen nicht machbar. Es ist einfach kein Wille seitens der GF zu erkennen, die drei Eröffnungsausstellungen zu realisieren und durch entsprechende Maßnahmen zu ermöglichen. Es ist vielmehr zu erkennen, dass die GF Frau Dr. Steinle so lange mobben will, bis sie von selbst aufgibt und in der Folge auch ich – und dann wird uns die Schuld zugewiesen werden. Es ist nicht zumutbar, dass schon am ersten Tag des Arbeitsbeginns Frau Dr. Steinle um das kämpfen muss, was ihr zugesagt wurde, nämlich ein Bürosituation mit Mitarbeiterinnen. Weil damit klar wird, dass Frau Dr. Steinle jeden Tag aufs Neue um das ringen muss, was ihr versprochen wurde.

Der Vorschlag der Stabsstelle ist also, wie befürchtet, hinfällig, da die Stabsstelle gar keine Stabsstelle ist, sondern eine fortgesetzte Entmachtung und Entmündigung von Frau Dr. Steinle, ein grenzenloses Mobbing und eine infinite Infamie. Schon Frau Dr. Gurke vom Shop des Kunsthauses wurde so lange gemobbt, bis sie krank wurde und zusammenbrach und darauf bin gekündigt wurde. Exakt das gleiche Drama und Schicksal ereilte Frau Universitätsdozentin Dr. Steinklauber, Leiterin der Archäologieabteilung des Joanneums, und noch viele andere. Die Frauenfeindlichkeit der GF des Joanneums ist offensichtlich und systematisch.

Der gute Wille von Frau Dr. Steinle und mir, im Sinne der Sache Kompromisse einzugehen, ist wieder getäuscht worden. Die fortgesetzten Erniedrigungen, Demütigungen und Repressionen von Frau Dr. Steinle müssen ein Ende haben. In China werden Leute eingesperrt, in Österreich ausgesperrt – ist das nicht ein Versagen demokratischer Institutionen und Regeln, noch dazu in der Kultur, dem Hort der Freiheit und Autonomie? Sogar im Fußball gilt, dass niemand vom Feld verwiesen werden kann, nur weil der Schiedsrichter den Spieler persönlich nicht leiden kann. Frau Dr. Steinle erhält die rote Karte, obwohl sie kein Foul begangen hat und sich nichts zu Schulden kommen ließ, sondern im Gegenteil seit zwanzig Jahren ein brillantes Programm geliefert hat. Diese ganzen Vorgänge um Frau Dr. Steinle und auch um Dr. Fenz, Leiter des Instituts im öffentlichen Raum, erinnern mich an die 30er Jahre. Das erfüllt mich mit großer Besorgnis. Herr Dr. Marhold vom Aufsichtsrat, der die ungerechten Beschlüsse mitgetragen hat, betont im Gespräch immer wieder, die Vergangenheit solle ruhen. Das heißt, über das Unrecht solle hinweggesehen und die Vergehen sollen vertuscht werden. Das ist die Täterperspektive. Wie kann ein Komplize zum Mediator werden? Kann man wieder mit Menschen machen, was man will? Darf, kann, muss   Frau   Dr.   Steinle   demnächst   mit   der   Zahnbürste   Gehsteine   reinigen?   Wie Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek geschrieben hat, darf Frau Dr. Steinle wirklich wie Müll behandelt werden? Können verdienstvolle Frauen in einer Demokratie so brutal schikaniert werden: Keine Rechte, persönliche Kränkungen, Demütigungen und Erniedrigungen, Mobbing, Psychoterror und falsche Behauptungen. Frau Dr. Steinle muss seit ihrem Rauswurf Psychopharmaka einnehmen. Ist das der gerechte Lohn in einer Demokratie für eine Frau voller Verdienste, die nur aus dem Weg geräumt wird, damit Intendant Pakesch endlich auch totale Macht über die NG bekommt? Wie ist es möglich, dass Aufsichtsorgane in der Steiermark nicht aufdecken, sondern zudecken? Warum wird die Geburtstagsfeier der Mutter von Herrn Peter Noever im Wiener MAK juristisch untersucht, aber die Geburtstagsfeier der Mutter von Herrn Intendant Pakesch im Weitzer-Saal der kulturhistorischen Sammlungen im Museum Neutorgasse (ca. 2006) nicht weiter beachtet? Warum darf der Ex-Mann von Frau Dr. Marko ohne Ausschreibung für ein sehr hohes Honorar die Lichtgestaltung des neu eröffneten Museums im Palais in der Sackstrasse übernehmen? Warum darf die Renovierung dieses Museums und die Gestaltung der Ausstellung 7 bis 8 Millionen Euro kosten, aber die NG in der Neutorgasse muss Lampen einsparen? Warum dürfen Künstler, die Herr Pakesch zu Besprechungen einlädt, von Venedig nach Graz und zurück mit dem Taxi fahren wie Herr Olafur Eliasson, aber die NG erhält für die gesamte Landeskunstpreis-Ausstellung 2010 nur 10.000 Euro, so dass die steierischen Künstlerinnen weder die Reisen noch die Übernachtungen oder das Material und Tagesdiäten bezahlt werden konnten?

Herr Dr. Oswald, ich danke Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, diesen Brief zu lesen. Ich glaube, die neuen Informationen sind für ihren Entschließungsantrag relevant. Sie sehen, die GF des Joanneums gefährdet nach wie vor die Existenz der neuen Galerie und die Realisierung der drei Eröffnungsausstellungen. Ich glaube daher, und dies ist auch meine Bitte, der Antrag müsste lauten: Die Landesregierung wird aufgefordert, die drei Eröffnungsausstellungen des UMJ sowie die Zukunft der NG sicher zu stellen, indem Frau Dr. Steinle die Leitung der Neuen Galerie bis Ende 2011 wieder übertragen wird (wie es schon im Falle von Frau Dr. Fiedler für den Skulpturenpark geschehen ist).

Mit dem Ausdruck tiefster Hochachtung und Dankbarkeit Ihr Peter Weibel

PS: Ich darf Sie nach Erhalt dieses Schreibens anrufen.

 

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Die Kunstzeitung – Artikel im Mai 2011

Skandal in Graz:  Pakesch und Joanneum trudeln ins Abseits

von Karlheinz Schmid

Wie man eine traditionsreiche, international renommierte Institution innerhalb kürzester Zeit zudem kurz vor dem 200. Stiftungsgeburt, mitten in der Phase des Aufbruchs, Umbaus und der Festvorbereitungen, gnadenlos (und letztlich von der Dummheit der Verantwortlichen geprägt) niedermetzeln kann, das dokumentierten derzeit in Graz der Intendant des Joanneums, der ehemalige Galerist Peter Pakesch, und sein Sparkommissar tätiger Verwaltungsdirektor Wolfgang Muchitsch. Was dieses Duo der Öffentlichkeit als Reform verkaufen will, sieht faktisch so aus, dass aus 24 Museumsabteilungen 13 gemacht werden, dass einzelne Entscheidungen offensichtlich weniger sachbezogen als vielmehr unter dem Aspekt personeller Abrechnungen mi t nicht willfährigen Mitarbeitern getroffen werden.

Vorerst krönender Höhepunkt im seit Monaten währenden Tiefgang: Die Geschäftsführung des Universalmuseums, das einst schlicht Landesmuseum hieß, kündigte soeben fristlos dem Chefkurator der Neuen Galerie, dem ZKM Direktor Peter Weibel, und schickte die seit rund zwei Jahrzehnten tätige Leiterin, Christa Steinle, in einen sogenannten Sonderurlaub. Ein Skandal. Ein Skandal auch, wie die vorzeitige Vertragsauflösung gegründet wird. Weibels Verhalten sein „dem Ansehen und den Interessen der Universalmuseum Joanneum GmbH abträglich“, so heißt es, und er, Weibel, habe dem „Ansehen unseres Hauses  Schaden  zugefügt“. Als Beweis für seine vermeintlich „geschäftsschädigenden Interventionen“, hinter denen sich aber ausschließlich die Sorge um die Zukunft des Museums  verbirgt, wurden Kopien von Zeitungsartikeln beigefügt.

Dass sich hinter diesen Rauswurf-Personalien die blanke Unvernunft verbirgt, quasi Peter gegen Peter, ahnt jeder, der seit langem beobachtet, wie Pakesch, der ehemalige kuratorische  Ziehsohn von Weibel (bereits als 23-jähriger durfte er an seiner Seite des herausragenden Künstlers, Theoretikers und Ausstellungsmachers seine ersten bildnerischen Gehversuche machen), die Aktivitäten der neuen Galerie behindert. So passt es , dass ihm der bevorstehende Umzug dieser Joanneum-Abteilunge ins Hauptgebäude (wo zum Jahresende gleich drei Weibel- beziehungsweise Steinle-Ausstellungen  eröffnet werden sollen oder sollten) nun als Zeitpunkt geeignet erschien, den wirklich heißen Überflieger Peter Weibel und die ebenfalls hochqualifizierte Christa Steinle kaltzustellen.

Dass durch diesen Schritt nicht nur aktuelle Planungen gefährdet werden (darunter die Einrichtung des Bruseums von Günter Brus oder die längst überfällige Retrospektive von Hans Hollein) und verdiente Persönlichkeiten demontiert werden könnten, sondern auch das Joanneum insgesamt einen Reputationsverlust erleidet, scheint dem Kleinmeister aus  und in Graz wenig zu stören. Womöglich ist es ihm wurscht, weil sein „pathologiescher Hass auf die Neue Galerie“ (Weibel) größer ist als jegliche Verantwortung für das komplette Joanneum. Umso weniger verständlich, dass der Pakesch-Vertrag bereits im vergangenen Jahr mehr oder weniger heimlich verlängert wurde. Laut Landesrechnungshof wäre aber eine Neuausschreibung vorgesehen gewesen. Und auch dringend notwendig, wie die aktuellen Ereignisse in Graz zeigen.

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Dank & Gruß von Peter Weibel und Christa Steinle

Wir, Christa Steinle und Peter Weibel, danken aus tiefstem Herzen für die Solidaritätsbekundungen, die wesentlich zur Deeskalation beigetragen haben und die es ermöglichten, dass Christa Steinle und ich in einer bestimmten Form wieder eingestellt wurden, um die geplanten drei Eröffnungsausstellungen machen zu können. Ohne die Unterstützung von Ihnen allen, die hier auf der website ihre Meinung artikuliert haben, wäre es sicher nicht zu dieser einigermaßen guten Lösung gekommen. Über den privaten Fall hinaus zeigt sich erneut, dass das Netz ein demokratisches Potential hat und Verletzungen der Regeln der Zivilgesellschaft publik macht und dadurch in die Schranken weisen kann. In dieser Funktion, ethische Standards wieder in die Gesellschaft einzuführen, löst offensichtlich das Netz die Printmedien ab. Dadurch bin ich optimistisch, dass die schwer errungenen Leistungen der Zivilgesellschaft nicht ohne Weiteres abgebaut werden können. Autonomie (Selbstbestimmung) und Authentizität (sich treu bleiben und sich nicht verbiegen zu lassen) gehören zu den Grundpfeilern einer modernen demokratischen Gesellschaft. Es beglückt mich, am Beispiel dieser website zu sehen, dass diese Grundpfeiler der Zivilgesellschaft von Ihnen verteidigt wurden.

Peter Weibel

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DER STANDARD – Artikel vom 4. April 2011

Waffenstillstand zwischen Pakesch und Weibel
Treffen mit Kulturlandesrat endete mit Kompromiss
Der Standard – 4.4.2011: Link

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KLEINE ZEITUNG – WebTV-Interviews vom 4. April 2011

Weibel-Konflikt: “Schaden für Graz”
Der Konflikt um Chefkurator der Neuen Galerie Peter Weibel sorgt für Aufregung. Für manche war er vorhersehbar…
Keine Zeitung / Video-Interviews – 4.4.2011: Link

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